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Ergebnisse des Abschlussberichts Minimierung von Federpicken bei Legehennen

Abschlussbericht "Minimierung von Federpicken bei Legehennen"

Für das Projekt wurden insgesamt 21 Herden (acht ökologisch wirtschaftende Betriebe, sieben Freilandhaltungen, sechs Bodenhaltungen) mit intaktem Schnabel ausgewählt, intensiv betreut und beraten. Die Herdengrößen bestanden aus 3.000 - 40.000 Tiere. Insgesamt waren 243.082 Tiere im Projekt eingebunden. Am Ende des Projektes konnten 16 Herden komplett abgeschlossen werden und fünf weitere waren darüber hinaus noch aktiv und wurden weitestgehend in die Abschlussauswertungen eingebunden.

Im Rahmen des Projektes fand eine intensive Zusammenarbeit der Tierschutz-Beraterin und den teilnehmenden Betrieben statt. Die Tierschutz-Beraterin besuchte pro Durchgang drei Mal die jeweilige Junghennenaufzucht und zehn Mal die Legehennenhaltung pro Durchgang. Begleitend zur einzelbetrieblichen Intensivberatung fanden Arbeitskreistreffen statt, in denen sich Legehennenhalter und Aufzüchter weiterbilden und vor allem vernetzen und austauschen konnten. Gewonnene Erkenntnisse wurden bei Seminaren, Vortragsveranstaltungen und Schulungen mit interessierten Fachkolleginnen und -kollegen geteilt.  Bestandteile der einzelbetrieblichen Intensivberatung waren umfangreiche Status-Quo-Erhebungen, in welchen Haltungsaspekte der Lichtgestaltung, Fütterung, Tiergesundheit, Einstreu- und Beschäftigungsmaterialien, Auslaufmöglichkeiten, Tiergewichte, biologische Leistungsdaten und Gefiederzustand erfasst wurden. Ein Beraterteam der Landwirtschaftskammer Niedersachsen erarbeitete auf Grundlage der gewonnenen Daten Beratungsempfehlungen für die Betriebe, um die Haltung der unkupierten Jung- und Legehennen zu optimieren.

Ergebnisse der Junghennenaufzucht

In der Junghennenaufzucht wurden die Tiere in Volierenanlagen oder im offenen System (Nivo Varia Anlage) mit 3.000 - 40.000 Tieren pro Stall gehalten. Im Rahmen des Projektes wurde zwecks Eigenkontrolle empfohlen, wöchentlich zwei Wiegungen von 30 Einzeltieren zu praktizieren und die Tiergewichte mit Hilfe von Wachstumskurven zu beobachten. In den meisten Betrieben wurde das Gewicht der Tiere im Vorfeld nicht ausreichend erfasst und wies daher enormes Optimierungspotential auf. Die ermittelten Besatzdichten beliefen sich mit wenigen Ausnahmen im Rahmen der niedersächsischen Empfehlungen. Allerdings fehlte den Tieren teilweise ein Zugang zum Auslauf. Im Rahmen des Projektes wurde dazu angeregt, dass Legehennenhalter die Aufzuchtställe ihrer zukünftigen Hennen besuchen, was sieben von zehn Landwirten taten. Ein solcher Besuch kann dazu dienen, die Haltungsbedingungen in Aufzucht und Legephase aufeinander abzustimmen und damit den Umstallungsstress zu vermindern. Während der Aufzucht wurden zwei Fälle von Federpicken und Kannibalismus feststellt, welche jedoch eingedämmt werden konnten.

Das Management rundum optimieren

Der Einsatz von Beschäftigungsmaterialien umfasste je nach Umsetzungsmöglichkeiten und Neigung der Betriebe den Einsatz von Luzerne, Heu, Stroh, Pickblöcken, Weizengaben in die Einstreu, zusätzlichen Sandbadangeboten, Bälle und Kükenpapier.

Im Rahmen der Klimadatenerfassung wurde besonderes Augenmerk auf CO2- und NH3-Konzentration sowie Luftfeuchtigkeit gelegt. Hinsichtlich der CO2-Konzentration und Luftfeuchtigkeit wurden keine bedenklichen Werte gemessen. Erhöhte NH3-Werte wurden in Nivo Varia Anlagen gemessen, da der Scharrraum in der Aufzucht nicht ausgemistet wurde und es teilweise nur zu unregelmäßigen Entmistungen kam.

In den Aufzuchtbetrieben wurden die gebräuchlichen Impfmaßnahmen ergriffen (u.a. Salmonellen, Marek, Gumboro, IB, ILT, EDS, Paracox/Kokzidien). In Freiland- und Ökobetrieben wurden Entwurmungen durchgeführt.

Die gängigen Tränkeeinrichtungen stellten Nippeltränken mit Cups oder Auffangschalen dar. Einige Betriebe praktizierten ein Wasserprogramm, bei welchem durch wechselndes Abschalten von Wasserlinien die Jungtiere angeleitet werden, andere Bereiche der Voliere aufzusuchen. Daten zum Wasserverbrauch wurden von den Betrieben zwar täglich abgerufen, aber nicht routinemäßig gespeichert. Einige Betriebe setzten dem Tränkwasser Laugen und/oder organische Säuren zu, um die Wasserhygiene und Darmstabilität zu steigern. Tendenziell wurden in der gesamten Aufzucht (Tag 1 bis 17. Lebenswoche) 8-10 Liter Wasser pro Tier verbraucht.

Das gängigste Fütterungssystem stellte eine ad-libitum drei Phasen-Fütterung dar mit täglichem Leerfressen der Futterkette. Die Ausleuchtung der Aufzuchten gestaltete sich auf den Betrieben sehr unterschiedlich. Häufig wurden die geforderten 20 Lux nicht eingehalten. Vielfach genannte Gründe seitens der Tierhalter waren die mit dem dunkleren Licht einhergehenden ruhigeren Tiere und die Angst vor dem Ausbruch von Verhaltensstörungen. Das Lichtprogramm der Betriebe gestaltete sich bei den meisten Betrieben nach dem geläufigen Schema. Dabei wird mit einem intermittierenden Lichtprogramm von zwei Stunden Dunkelheit und vier Stunden Licht im Wechsel begonnen (bis max. 10. Lebenstag). Im Anschluss bekommen die Tiere zusammenhängende Hell-/Dunkelphasen, die wöchentlich von 15 Stunden Licht auf neun Stunden Licht reduziert werden. Das Plateau von neun Stunden wird bis zur Umstallung gehalten. Eine langsamere Reduzierung des Lichttages hätte jedoch vorteilhaft sein können, da es den jungen, wachsenden Tiere mehr Zeit für die Futteraufnahme ermöglicht hätte. Aus Sicht des Projektes wäre dies eine wichtige Maßnahme gewesen, damit die Tiere ihre Futteraufnahmekapazität ausschöpfen und das geforderte erhöhte Tiergewicht erreichen können. Die Stimulation mittels Lichttagverlängerung erfolgte erst nach der Umstallung in den Legehennenställen. Auch dieser Zeitpunkt hätte aufgeschoben werden können, damit die Tiere neben der Eingewöhnung an das neue Stallsystem, Futter, Herdenbetreuer, etc. nicht noch mehr Stress durch die Lichttagverlängerung erhalten. Auf Grundlage der Status-Quo-Analyse der Betriebe und der gewonnenen Erfahrungen wurde die Empfehlung abgeleitet die Legephase schonend einzuleiten und „Qualitätsjunghennen“ mit hohem Körpergewicht und hoher Futteraufnahmekapazität einzustallen. Wenn die Tiere schonend an den längeren Lichttag gewöhnt werden und die Legereife bei einem schwereren Tier verzögert eintritt, fehlen zwar anfangs Eier in der produzierten Gesamtstückzahl, es werden jedoch vermehrt Eier der Gewichtsklasse L produziert. Diese Strategie hat die positive Eigenschaft, dass die behutsam stimulierte Henne am Ende der Legeperiode nicht in ihrer Körpersubstanz ausgereizt ist. Hennen, die unter stetigem Leistungsdruck stehen, können in ihrer Körpersubstanz extrem abbauen, da sie nicht alles über das Futter ausgleichen können. Nachdem die Tiere auch die letzten Körperreserven an Nährstoffen in die tägliche Eiproduktion gesteckt haben, verenden sie stark untergewichtig. Die robusteren, anfangs ausgefütterten Hennen legen vermutlich auch ohne Ausfälle durch Leistungsstress und Nährstoffdefizite bis zur Lebenswoche 82 stabile, große Eier, wenn das Management entsprechend gut ist und keine Probleme durch Krankheitseinbrüche auftreten. Die geschilderte Situation hat laut Projektnehmer den Nachteil, dass die schweren Eier (viel L-Ware) nicht in jeder Region optimal vermarktet werden können. Hinsichtlich der Stressminimierung im Stall und der Entwicklung einer robusten Henne mit hoher Produktions- und Lebenserwartung, sind Produzenten und Vermarkter gefragt umzudenken.

Checkliste und Übergabeprotokoll für Qualitätsjunghennen

Im Rahmen des Projektes wurden die Umstallungsphasen vom Aufzuchtstall in den Legehennenstall möglichst durch den Berater persönlich begleitet oder anhand von Daten nachvollzogen, um den Zustand der Tiere v.a. in dieser kritischen Phase zu überwachen. Auffallend war, dass die Umstallungsphase keineswegs den niedersächsischen Empfehlungen entsprach. Teilweise wurden zwar Begleitscheine inklusive Angaben zu Lichtprogramm, Tiergewicht, etc. am Tag der Umstallung für die Legehennenhalter mitgegeben. In den meisten Fällen fehlten jedoch Begleitscheine oder schriftliche Managementhilfen. Kontrolllisten für die Übernahme von Junghennen fanden in der Praxis keine Anwendung. Die Transparenz mancher Aufzuchtunternehmen zeigte sich als mangelhaft und es kam zu Vermischungen von unkupierten mit kupierten Tieren oder zur Übergabe von Tieren mit geringen Körpergewichten, was u.a. vermuten lässt, dass Tiere aus unterschiedlichen Aufzuchten gemischt wurden.

Ergebnisse der Legehennenhaltung

Die Lichtgestaltung eines Legehennenstalls stellt ein wichtiges Managementinstrument dar, da eine ausreichende Helligkeit notwendig für ein gutes Tier-Management ist und eine angepasste Lichtsituation zur Stressreduzierung eingesetzt werden kann. Im Zusammenhang mit der Erhebung der Lichtstärken wurde die in Niedersachsen empfohlene Stärke von 20 Lux auf Augenhöhe der Tiere als kritisch angesehen und von Seiten des Projektnehmers angemerkt, dass aufgrund der Unterschiedlichkeit des Sehsinnes von Vogel und Mensch bei der Beurteilung von Licht im Stall ein auf die Tierart abgestimmtes Messverfahren erfunden werden müsste.

Futteranalysen zeigen Mängel in Zukaufsfutter auf

Im Rahmen des Projektes wurden „Junghennenaufzuchtfutter“, „Vorlegefutter“ und „Legehennenalleinmehl 1“ von 20 verschiedenen Futtermühlen analysiert. Insgesamt wurden 62 Proben analysiert (36 konventionell, 26 ökologisch) und mit den jeweiligen Herstellerangaben verglichen. In Bezug auf Rohprotein lagen die Analysewerte auffällig häufig unterhalb der angegebenen Werte. Die Rohfasergehalte entsprachen in 84 % der Fälle den angegebenen Werten oder lagen darüber. Der Energiegehalt konnte in 41 Fällen verglichen werden und 56 % der Futtermittel wiesen niedrigere Werte auf als vom Hersteller angegeben sowie 44 % höhere Werte. Der Gehalt an Methionin lag bei 71 % der Futtermittel unter dem der Herstellerangabe. Bei Calcium erfüllten oder übertrafen 59 % der Proben den deklarierten Gehalt. Einzelne Futtermittel überschritten die angegebenen Werte um ein Vielfaches. Die Natriumgehalte waren im Rahmen der Angaben. Zusammenfassend ergab der Vergleich von Futteranalyseergebnissen mit den Herstellerangaben bei 19 % der Futtermittel einen Grund zur Beanstandung. Legehennenhalter sollten sich deshalb über die tatsächlichen Nährstoffgehalte ihrer zugekauften Futtermittel informieren, um ihre Tiere optimal ausfüttern zu können. Bezüglich Vermahlungsgrad ist Legemehl einem pelletierten Futter vorzuziehen. Hier ist darauf zu achten, dass das Legemehl nicht zu stark vermahlen sein sollte, um eine gute Futteraufnahme zu gewährleisten. Hinsichtlich des Tränkens der Tiere sollte stets eine hohe Wasseraufnahme angestrebt sowie die Qualität und gute Hygiene des Tränkwassers, ggf. durch Zusätze, sichergestellt werden.

Ein sehr guter Tiergesundheitszustand ist ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg

Im Projektzeitraum wurden mehrfach Störungen der Tiergesundheit beobachtet, welche als mit ursächlich für darauffolgende Ausbrüche von Federpicken und Kannibalsimus identifiziert wurden. Beispielshaft kam es in einer konventionellen Freilandhaltung zu Federfressen und Erdrücken mit Tierverlusten. Untersuchungen ergaben, dass die Herde diverse Infektionen durchlebt hatte (E. coli, Schwarzkopfkrankheit, IB, Campylobacter) und dadurch geschwächt und gestresst waren.

Beschäftigungsmaterialien und Einstreu optimal einsetzen

Seitens Beratung wurde empfohlen, Einstreu- und Beschäftigungsmaterialien erst drei bis fünf Stunden nach dem Einstallen zu verteilen, da dann bereits etwas Ruhe in die Herde eingekehrt ist und die Kröpfe bereits mit Futter und Wasser gefüllt sind. Dies beugt einem Fressen von Einstreumaterialien vor, welches vorwiegend von Tieren gemacht wird, die vom Stress durch Transport und Umstallen geschwächt sind oder aber ein Anfliegen von Anflugstangen nicht gelernt haben.

Die Art der Einstreu sollte variabel sein. Generell sind kurze, harte Materialien weichen und saugfähigen vorzuziehen. In den Projektbetrieben hat sich gezeigt, dass eine bedachte und zunächst zurückhaltende Verteilung von Einstreu Vorteile bieten kann und gut zum Scharren und Sandbaden angenommen wird. Es zeigte sich, dass eine über mehrere Zentimeter dicke, flächendeckende Einstreu zwar vorerst gut angenommen wird, dann aber bei nicht ausreichender Pflege die Gefahr der Verklumpung und letztlich Plattenbildung besteht, was eine Nutzung durch die Hennen stark einschränkt sowie zu vermehrter Keimbelastung führen kann.

Um die Ausübung arteigener Verhaltensweisen der Hennen zu fördern und damit auch Verhaltensstörungen vorzubeugen, sollten abwechslungsreiche Beschäftigungsmaterialien eingesetzt werden. Die Materialien sollten gewechselt werden und variabel sein, beispielsweise zu Pickblöcken und Luzerne sollte auch Neues wie Saftfutter (z.B. Möhren) angeboten werden. Die Gabe von Materialien wie Luzerne hat sich in Körben bewährt, da sie lose im Scharrraum verteilt bereits nach kurzer Zeit in die Einstreu eingescharrt werden können. In den Projektbetrieben hat sich gezeigt, dass bei großen Herden in Aufzucht- und Legehennenställen weniger Beschäftigungsmaterialien pro Tierzahl eingesetzt wurde. Außerdem fand das Nachreichen und Wechseln nicht ausreichend statt. In großen Herden sind daher auch technische Lösungen gefragt wie folgende Beispiele demonstrieren. In einem der Betriebe wurde ein Frontlader mit Futterverteilgerät zur Verteilung von Maissilage und Kartoffeln zweimal wöchentlich eingesetzt. Ein anderer Betrieb baute eine Förderstrecke ein, welche mehrmals täglich Maissilage von oben in den Stall einrieseln ließ.

Nur ein gestalteter Auslauf kann optimal genutzt werden

Oftmals werden Ausläufe nicht optimal von den Tieren genutzt, da Legehennen in der Furcht vor Fraßfeinden aus der Luft und fehlenden Schutzmöglichkeiten in den Ausläufen dazu neigen, nur stallnahe Bereiche aufzusuchen. Eine Gestaltung von Ausläufen durch Bepflanzungen mit Sträuchern oder Bäumen hat sich daher bewährt. Im Rahmen des Projektes wurde auch der Einsatz von Tarnnetzen erprobt, die auf Trägerkonstruktionen angebracht wurden. Hierdurch konnte eine weite Nutzung der Ausläufe durch die Legehennen gewährleistet werden. Vor allem für Betriebe, in deren Ausläufe noch keine Strukturelemente wie Sträucher oder Bäume etabliert sind, zeigte sich der Einsatz von Schutzmöglichkeiten durch die Nutzung von Tarnnetzen als eine praktikable und günstige Lösung.

Tiergewichte überwachen und Verluste reduzieren

Im Rahmen des Projektes hat sich gezeigt, dass der Zeitraum zwischen Umstallung (Lebenswoche 17) und Hochleistungslegephase (Lebenswoche 27) hinsichtlich der Gewichtsentwicklung besonders genau beobachtet werden muss. In dieser Phase haben die Legehennen besonders hohe Ansprüche aufgrund stetigem Körperwachstum und der beginnenden Legereife. Gewichtsverluste durch Umstallen müssen schnellstmöglich aufgeholt werden, was eine regelmäßige Gewichtsermittlung notwendig macht. Es wird empfohlen, in diesem Zeitraum Stichproben von 2x50 Tieren möglichst wöchentlich zu wiegen, davon 50 Tiere aus vorderen Abteilen und 50 Tiere aus den hinteren Abteilen. Später kann eine Wiegung im vierwöchentlichen Rhythmus erfolgen.

Die Betriebsdaten zu Tierleistungen, Verlusten und Abgangsursachen konnten im Zeitraum Lebenswoche 21-61 aufgrund vollständiger Datengrundlage verglichen werden. Grundsätzlich liefern alle Herden sehr gute Ergebnisse mit Eileistungen pro Durchschnittshenne von 262, 249 und 264 Eiern in der Öko-, Freiland- und Bodenhaltung mit einer Legeleistungen von 90,4 %, 86,3 % und 91,3 %. Die Verlusttraten der genannten Haltungsformen lagen bei 2,7 %, 6 % und 3,4 %. Ein Grund für die vergleichsweise hohen Leistungen der Ökobetriebe lag darin, dass diese bereits mehr Erfahrungen im Umgang mit unkupierten Legehennen hatten.

Auffallend bei allen Betrieben war, dass sich die Verlustraten im Zeitraum von Lebenswoche 61 bis zum Ende der Aufzeichnungen im Durchschnitt verdoppelten. In den letzten vier Wochen vor der Schlachtung waren in fast allen Herden keine Beschäftigungsmaterialien mehr vorhanden und Aufgabenbereiche wie die Pflege der Wasserhygiene oder das Abmisten wurden nicht mehr regelmäßig praktiziert. In einzelnen Herden haben diese Veränderungen zu gegenseitigem Bepicken der Tiere geführt. In Herden, in denen es bereits vorher zum Auftreten der Verhaltensstörungen Federpicken gekommen war, waren Gefiederschäden massiver und Verletzungsraten höher.

Gefiederzustand, Verletzungsraten und Zustand von Brustbeinen und Fußballen

Der jeweils letzte Besuch der Projektherden wurde dazu genutzt, um eine umfangreiche Bonitur des Gefieders vorzunehmen sowie Verletzungen und Veränderungen der Fußballen und Brustbeine zu dokumentieren. Hierfür wurde stets die exakte Anzahl an Hennen bonitiert, die bei den Besuchen zuvor gewogen wurden. Zudem wurden die Tiere aus denselben Stallbereichen gefangen wie bei den vorangegangenen Terminen, mit einer identischen Vorgehensweise der Stichprobenahmen (Stichprobenumfang 0,5-1 % der Projektherde). Hinsichtlich der Bonituren lagen folgende komplette Datensätze vor: Gefieder und Verletzungen: 7 x Ökohaltung, 5 x Freilandhaltung, 6 x Bodenhaltung; Zustand der Fußballen: 7 x Ökohaltung, 5 x Freilandhaltung, 6 x Bodenhaltung. Die Auswertung der Gefiederbonituren ergaben, dass die besten Ergebnisse in der ökologischen Haltung erzielt wurden (Gefiedernoten : Note 0 = 28 %, Note 1 = 59 %, Note 2 = 9 % und Note 3 = 3 %), gefolgt von Freilandhaltung (Note 0 = 31 %, Note 1 = 45 %, Note 2 = 13 %, Note 3 = 11 %) und der Bodenhaltung (Note 0 = 4 %, Note 1 = 29 %, Note 2 = 25 %, Note 3 = 41 %).

Hinsichtlich der Verletzungen  von Tieren zeigte sich, dass auch hier die ökologischen Betriebe die besten Noten aufwiesen, gefolgt von Freilandhaltung und Bodenhaltung (ökologische Haltung: Note 0 = 96 %, Note 1 = 3 %, Note 2 = 1 %, Note 3 = 0 %; Freilandhaltung: Note 0 = 93 %, Note 1 = 5 %, Note 2 = 1 %, Note 3 = 1 %; Bodenhaltung: Note 0 = 73 %, Note 1 = 21 %, Note 2 = 5 %, Note 3 = 1 %).

Eine Fußballenbonitur wurde zusätzlich aufgrund der Tierschutzrelevanz bei jedem Boniturtermin durchgeführt, obwohl die Fußballengesundheit nicht in Verbindung mit Federpicken und Kannibalismus steht. Die besten Ergebnisse bezüglich der Zustände der Fußballen  wiesen die ökologischen Betriebe auf (Note 0 = 92 %, Note 1 = 8 %, Note 2 = 1 %), gefolgt von Bodenhaltung (Note 0 = 93 %, Note 1 = 7 %, Note 2 = 0 %) und Freilandhaltung (Note 0 = 86 %, Note 1 = 14 %, Note 2 = 0 %).

Brustbeinbonituren  wurden bei elf Betrieben durchgeführt. Es zeigte sich, dass nur 75 % über alle drei Haltunsgformen hinweg Note 0 „ohne Befund“, aufwiesen. Beste Ergebnisse erzielte die Freilandhaltung (Note 0 = 80 %, Note 1 = 13 %, Note 2 = 4 %, Note 3 = 4 %), gefolgt von ökologischer Haltung (Note 0 = 62 %, Note 1 = 23 %, Note 2 = 9 %, Note 3 = 5 %) und Bodenhaltung (Note 0 = 75 %, Note 1 = 10 %, Note 2 = 8 %, Note 3 = 8 %). Bei allen Haltungsformen besteht daher Optimierungsbedarf.

Anm.:

[1] Gefiederzustand: Note 0 = ohne Befund, Gefieder vollständig intakt; Note 1 = Gefiederschäden und fehlende Federn deutlich erkennbar; Note 2 = Gefiederschäden und fehlende Federn massiv erkennbar; Note 3 = überwiegend nackt

[2] Verletzungen: Note 0 = ohne Befund; Note 1 = einzelne Verletzungen < 0,5 cm; Note 2 = auffallend viele Verletzungen < 0.5cm, oder > 0,5 cm bis 1 cm; Note 3 = Verletzungen über 1 cm

[3] Fußballen: Note 0 = ohne Befund; Note 1 = leichte bis mäßige Veränderungen vorhanden; Note 2 = schwere Veränderungen vorhanden

[4] Brustbeinbonitur: Note 0 = ohne Befund; Note 1 = Verkrümmung; Note 2 = leichte Fraktur; Note 3 = Fraktur

Zum Schluss

Anhand der im Projekt gewonnenen Erkenntnisse wurden die vielfältigen multifaktoriellen Auslöser für Verhaltensstörungen, Federpicken und Kannibalismus zu den wichtigsten Themenkomplexen zusammengefasst (Schaubild). Wenn eine Qualitätsjunghenne vorausgesetzt wird, das Fütterungskonzept verdauungsphysiologisch angepasst ist, die Tiere gesund sind und Beschäftigungsmaterial zur Ausübung unterschiedlichster Verhaltensweisen angeboten wird, besteht die Chance, Herden mit intaktem Schnabel ohne Einschränkungen im Verhalten und in den biologischen Leistungen zu halten. Dabei sind das Management und die Tierbetreuung von großer Bedeutung, da Probleme wie ein Krankheitseinbruch oder eine Futterfehlmischung am Verhalten der Tiere frühestmöglich identifiziert werden muss, um Verhaltensstörungen abzuwenden.

Unter dem Motto „Lernen von den Besten“ haben sich für die Teilnahme an dem Projekt ausschließlich nur die Betriebe freiwillig verpflichtet, die bereits gute Voraussetzungen boten ein Management unkupierter Legehennen erfolgreich umzusetzen. Anfangs (2014) war die Skepsis hinsichtlich des Projektes und dessen Relevanz für die Praxis seitens der Landwirte groß. In durchgeführten Arbeitskreisen wurde immer wieder deutlich, wie groß die Nachfrage nach kompetenter Betreuung und Beratung zum Thema Jung- und Legehennenhaltung allgemein und speziell zum Thema Ausstieg aus dem Schnabelkürzen ist. Die Landwirte müssen sich zukünftig mehr um ihre Tiere und um das Stallmanagement kümmern. Eine Sensibilisierung der Menschen bezüglich der Notwendigkeit dieser Tatsache muss noch in vielen Betrieben erfolgen. Erfreulicherweise hat die Nutzung der Checkliste und des Junghennenprotokolls zu einer vermehrten Zusammenarbeit zwischen Jung- und Legehennenhaltern geführt. Auch Futtermittelunternehmen wären bereit, Änderungen in den Futtermischungen durchzuführen, wenn die Mehrleistungen entlohnt werden würden. Laut Projektnehmer bringt der ökonomische Aspekt jedoch jede Argumentation hinsichtlich eines möglichen Erfolgskonzepts ins Stocken. Der Mehraufwand für die Aufzucht von Qualitätsjunghennen läge (zukünftig) bei mindestens 20 Cent je Henne. Der Legehennenhalter müsste in der Legeperiode mehr Geld für Beschäftigung, eine angepasste Fütterung und einen erhöhten Arbeitsaufwand einplanen. Die Möglichkeiten der Legehennenhalter sind ohne Entlohnung des Mehraufwands jedoch sehr beschränkt, auch regelmäßige Mehrinvestitionen zu tätigen, wenn Eierpreise nicht entsprechend angeglichen werden. Daher sieht der Projektnehmer den Handel in der Verantwortung, nicht nur aktiven Tierschutz zu fordern, sondern diesen auch durch geringfügig erhöhte Eierpreise, um 0,3 Cent pro Ei, zu unterstützen.