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Moderne Herdenmanagementprogramme unterstützen Schafhalter bei der Zucht auf Kurzschwänzigkeit. Sie helfen dabei, die richtigen Selektionsentscheidungen zu treffen.
Dass die meisten in Deutschland gezüchteten Schafrassen über lange und stark bewollte Schwänze verfügen, hängt damit zusammen, dass bei der Schafzucht jahrhundertelang ein hoher Wollertrag im Blickpunkt stand. Es zählte jeder Zentimeter Wolle, auch die Bewollung am Kopf, am Bauch, an den Beinen und am Schwanz war wichtig.
Inzwischen hat sich die Situation geändert, da der Preis für die Wolle seit den 1990er Jahren regelrecht verfallen ist. Oftmals liegen die Schurkosten sogar über dem Wollerlös. Stattdessen sind die Erzeugung von Lammfleisch und die Landschaftspflege stärker in den Fokus der Schafzüchter und -halter gerückt. Die Landschaftspflege mit Schafen macht inzwischen sogar mehr als die Hälfte des Einkommens der Schäfer aus.
Weil die Schwanzwolle keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat und weil die Stimmen für ein grundsätzliches Verbot des Kupierens von Lämmerschwänzen immer lauter werden, muss auch bei der Zucht umgedacht werden: Die Züchtung auf Kurzschwänzigkeit sollte stärker ins Blickfeld der Schafhalter rücken. Sie bietet vor allem langfristig einen wichtigen Ansatzpunkt, wenn auf das Schwanzkupieren verzichtet und dabei das Tierwohl gesteigert werden soll.
Doch Zuchterfolge kann man nicht einfach aus dem Ärmel schütteln. Sie bedeuten zielgerichtete Arbeit über Generationen hinweg. Und über Reinzuchtprogramme wäre ein Zuchtfortschritt - zum Beispiel beim Merkmal „Kurzschwänzigkeit“- erst nach vielen Jahren erkennbar. Für einen solch langen Zeitraum war das Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft nicht ausgelegt (Laufzeit: 1. November 2017 bis 30. April 2020). Trotzdem spielte die Züchtung auf Kurzschwänzigkeit während der Netzwerkarbeit eine große Rolle, zum Beispiel im Rahmen der Exkursionen nach England und Frankreich:
Die Strategie, auf reinerbige Tiere zu verzichten und den Fokus verstärkt auf die Erzeugung von bestem Lammfleisch zu legen, könnte auch für deutsche Schafhalter interessant sein. Denn die Einkreuzung von Rassen mit kurzen Schwänzen führt schneller zum Erfolg als die langwierige Zuchtarbeit in Reinzuchtprogrammen. Für deutsche Fleischschafrassen bietet sich die Einkreuzung von holländischen Texel an: Die Tiere dieser Rasse haben kurze Schwänze und erbringen gute Mastleistungen.
In Milchschafbetrieben ist die Einkreuzung von Finnschafen erfolgversprechend. Diese Variante praktiziert einer der Teilnehmer des Modell- und Demonstrationsvorhabens bereits heute auf seinem Betrieb. Dort hält er derzeit 140 Lacaune-Milchschafe. Der Betrieb kreuzte seine Mutterschafe zunächst mit einem Finnschafbock. Die Tiere der ersten Nachkommen-Generation (die so genannten F1-Tiere) kreuzte er danach mit einem Lacaune-Bock zurück. Bereits nach diesen ersten beiden Generationen hat sich die Schwanzlänge der Schafe verkürzt, ohne dass der Betrieb Einbußen bei der Fruchtbarkeit und bei der Milchleistung hinnehmen musste.
Was in Deutschland jedoch noch ausgebaut werden muss, ist eine verlässliche Datenbasis, mit deren Hilfe Merkmale erfasst und Zuchtwerte für die Schwanzlänge oder auch für die Parasitenresistenz generiert werden könnten. Eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten Zeit wird es deshalb sein, einen Datenpool für Schafe aufzubauen, der die wichtigsten Basisdaten enthält - zum Beispiel zum Wachstumsverlauf, zur Fruchtbarkeit, zur Mütterlichkeit, aber auch zur Schwanzlänge oder zur Neigung zu Verschmutzung durch Kot und Urin.
Verfügbare Herdenmanagementprogramme können den Schafzüchtern hier eine erste Unterstützung bieten. Mit ihnen ist eine einfache und übersichtliche Datenerfassung ebenso möglich wie die lückenlose Dokumentation der Tierdaten oder das Markieren von auffälligen Tieren. Während des MuD-Netzwerkes "Verzicht auf das Kupieren der Schwänze von Schaflämmern" bildete die Einführung und Erprobung einer praktikablen Herdenmanagementsoftware deshalb einen der Schwerpunkte.
Die Teilnehmer ließen sich von einem Softwareanbieter intensiv über die Möglichkeiten beraten, die ihnen das Herdenmanagementprogramm bietet. Mittlerweile haben alle Betriebsleiter die Software installiert und in ihre Betriebsabläufe integriert. Mit ihm dokumentieren sie sämtliche Besonderheiten und Auffälligkeiten der Schafe. Dennoch ist zu erwähnen, dass die bisherigen Programme ein enormes Ausbaupotenzial haben. Die Programme sind bisher nicht anwenderfreundlich. Es besteht kein wirtschaftliches Interesse auf Seiten der Softwareentwickler, sich mehr in diese Thematik zu vertiefen, weil damit nur wenig Geld verdient werden kann.
Die beste Software nützt jedoch nichts, wenn die Betriebe nicht auch über die entsprechende Hardware verfügen. Nur so können sie Merkmale vereinfacht erfassen, ohne ständig Listen führen zu müssen. Alle am MuD-Netzwerk beteiligten Schäfer investierten deshalb in elektronische Ohrmarken für Lämmer und in einen robusten Handreader. Zur Erfassung der Daten wird der Reader einfach an die elektronische Ohrmarke des ausgewählten Lammes gehalten und scannt diese. Die ausgelesenen Daten werden direkt auf den Laptop beziehungsweise den PC des Schafhalters übertragen. So hat der Schafhalter alle notwendigen Daten schnell zur Verfügung. Die Anschaffung der elektronischen Ohrmarken für die Lämmer und des Handreaders schätzen die Betriebsleiter durchweg als sinnvoll ein. Mit der Technik konnten sie die Fehler vermeiden, die sich beim manuellen Ablesen sonst schnell einschleichen. Bei der Auswahl des Ohrmarkenreaders sollte darauf geachtet werden, dass er sich mit der Herdenmanagementsoftware des Betriebs kombinieren lässt.