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AMS und Weide Weidehaltung von Milchkühen

Automatisches Melksystem und Weidegang - passt das zusammen?

Betriebsleiter Mimke Kleemann im Austausch mit den Teilnehmenden
Foto: MuD Tierschutz, BLE

Rund 40 Teilnehmende aus Praxis, Beratung und Wirtschaft fanden sich am 25. Juli 2023 auf dem Betrieb der Familie Kleemann ein, um den Hof zu besichtigen. In zwei Gruppen, geführt von den beiden Betriebsleitern Mimke und Eimo Kleemann, ließen sie sich zum Thema Automatische Melksysteme (AMS) und Weidehaltung das Betriebskonzept erklären und die Umsetzung zeigen.

Der Betrieb ist regional bekannt und fällt nicht nur durch hohe Tierleistungen auf, sondern kann auch mit guter Tiergesundheit und einer entsprechenden Lebensdauer der Kühe überzeugen - dafür erhielt der Betrieb dieses Jahr bei der German Dairy Show eine Auszeichnung.

Seit März 2022 melkt der Betrieb an den zwei Melkrobotern 120 Kühe, die Auslastung liegt bei durchschnittlich 3,3 Melkungen pro Tag. Im alten Fischgrätenmelkstand wird eine zweite Gruppe mit 70 Tieren gemolken. Die Haltung in zwei getrennten Gruppen bietet einige Möglichkeiten, die Effizienz der betrieblichen Abläufe sowie die Tiergesundheit zu steigern. In der Melkstandgruppe laufen unter anderem Altmelker vor dem Trockenstellen und Erstkalbinnen, die für den Verkauf vorgesehen sind. Sie müssen so nicht extra im AMS angelernt werden. Auch ältere Kühe, die es noch gewohnt sind, in der ganzen Herde (und nicht einzeln, wie es beim AMS nötig ist) von der Weide zu kommen, werden im Melkstand gemolken. Mit dem zweimaligen Melken pro Tag können außerdem Tiere, die nach dem Kalben zu sehr hohen Leistungen zu Lasten der Körperkondition neigen, etwas in der Milchbildung gebremst werden, bis sich Futteraufnahme und Stoffwechsel stabilisiert haben.

Betriebsleiter Eimo Kleemann (dunkelgrün) beantwortet die Fragen seiner Gruppe
Foto: MuD Tierschutz, BLE

Eine dem Betrieb sehr wichtige Maßnahme zur Gewährleistung des Tierwohls ist die Klauenpflege. "Eine Kuh muss laufen können", erklärte Betriebsleiter Mimke Kleemann. Nur Tiere, die schmerzfrei laufen können, gehen gerne auf die Weide, grasen ausreichend und kommen auch ohne Nachtreiben wieder in den Stall. Wichtig ist hierbei die Zeit für die Tierbeobachtung und die praktische Klauenpflege. Arbeitserleichterungen wie ein automatisierter Futterschieber, Spaltenschieber und die zwei AMS ermöglichen, dass bei Kleemanns eine lahme Kuh heute innerhalb von 24 Stunden behandelt wird.

Ein weiterer wichtiger Baustein im Betriebskonzept ist die Züchtung. Vor sechs Jahren stellte der Betrieb auf das aAa-System um, als die Nachzucht zu schmalen Schultern und langen, jedoch vorne ungünstig gestellten Gliedmaßen neigte. In diesem Zuchtsystem werden äußere Merkmale durch Ausgleichsanpaarungen ausbalanciert. Das Ziel ist keine besonders hohe Milchleistung, sondern eine ausgeglichene Kuh, die dadurch langlebig und stoffwechselstabil ist, eine hohe Futteraufnahmekapazität hat und gut für den Weidegang geeignet ist.

60 ha arrondierte Grünlandfläche stehen für die Beweidung zur Verfügung, die Futteraufnahme von der Weide liegt geschätzt bei 4-5 kg TM Gras pro Tier und Tag. Die Melkstandgruppe beweidet die 30 ha etwas weiter entfernten Flächen und muss maximal 800 m Distanz zurücklegen. Die AMS Herde beweidet 30 ha arrondierte Weiden im ABC-System und läuft maximal 350 Meter. ABC bedeutet, dass die Kühe dreimal am Tag auf eine neue Parzelle kommen. Das frische Gras motiviert die Kühe, nach draußen zu gehen und sie kommen größtenteils auch selbst wieder zurück. Müssen dennoch einzelne Kühe nachgetrieben werden, nimmt dies nur 15 Minuten in Anspruch. Während dies im ersten Jahr täglich nötig war, ist der Herdenfluss dieses Jahr deutlich besser - die Alttiere mussten das neue System erst erlernen. Mit einer zunehmenden Zahl von direkt an das AMS gewöhnte Jungtiere wird eine weitere Verbesserung erwartet.

Tränkebecken auf der Weide, wo früher nur Pumptränken standen

Sehr vorbildlich: Der Haupttriebweg ist asphaltiert, Nebenwege sind mit alten Spaltenplatten befestigt. Die Tiere können so trocken, sauber und sicher von und zu den Weiden gelangen. In den Parzellen stehen jeweils zwei großvolumige Tränken, was laut Aussagen des Betriebsleiters die Futteraufnahme deutlich erhöht. Ohne diese würden die Tiere durstig in den Stall zurückkehren, was für ihn nicht akzeptabel sei. Auch das Jungvieh hat Tränkebecken auf der Weide, wo früher nur Pumptränken standen. Seit dem Umstieg sind die Tiere nach dem Austrieb deutlich ruhiger und halten ihre Kondition.

Die Gruppe diskutiert die Selbstproduktion der Silagen
Foto: MuD Tierschutz, BLE

Das Nachmähen zur Weidepflege gehört bei Kleemanns ebenso zur guten Praxis wie das Produzieren hochwertiger Silagen. Fünf bis sechs Schnitte werden in Eigenleistung gemacht, bis zu 6,7 MJ NEL haben die Grassilagen. Im Winter erhalten die Tiere eine einfache TMR aus ca ⅔ Grassilage und ⅓ Maissilage, etwas Stroh und Mineralfutter - gemischt und zugeteilt wird ohne Waage. Hinzu kommt Kraftfutter über den Transponder. Im Sommer wird ein Teil der Grassilage über die Weide abgedeckt. So werden Grundfutterleistungen von ca. 6500 kg Milch erreicht.

Dass der Betrieb mit seinem Konzept erfolgreich ist, zeigen die Betriebskennzahlen: Das Erstkalbealter liegt bei 24,8 Monaten, die Zwischenkalbezeit beträgt 420 Tage, soll aber nach Möglichkeit auch noch höher liegen. Der Betrieb ermelkt 13.000 Liter, die Lebenstagsleistung liegt bei ca. 24 Litern. Aktuell sind 24 Kühe mit einer Lebensleistung von über 100.000 l im Bestand. Die Nutzungsdauer ist mit durchschnittlich 82 Monaten bzw. 6,8 Jahren überdurchschnittlich gut.

Die Besuchenden des Farmwalks zeigten sich beeindruckt von der homogenen, starken Herde und dem guten Zustand der Tiere. Die verschiedenen Managementlösungen stießen auf großes Interesse, es gab zahlreiche Diskussionen und Rückfragen zu allen Aspekten des Betriebskonzeptes, zu denen die beiden Betriebsleiter Rede und Antwort standen. Wir bedanken uns bei Familie Kleemann für das Öffnen ihrer Hoftore sowie ihre Zeit und Unterstützung.